In den Sommerferien findet seit Jahren ein außergewöhnliches Projekt statt: Mitmachen bei der Handwerkskunst des Töpferns an der Töpferscheibe. Das Projekt wird jeweils von Herrn Georg Kempe geleitet, dem Ergotherapeut der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Zunächst waren es Kinder und Jugendliche aus dem Kinderheim Maria im Tann in Aachen, die an dem Projekt teilnahmen. Dann Patientinnen und Patienten aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die während der Ferien stationär sein mussten. Zuletzt wurde das Projekt mit traumatisierten minderjährigen Flüchtlingen durchgeführt.
Sehr unterschiedliche Lebenswege und psychische Erkrankungen haben die Kinder und Jugendlichen zwischen 5 und 18 Jahren in das Kinderheim oder in die stationäre Behandlung geführt. Den Problemen geflohener Jugendlichen kann man sich nur nach einer längeren Phase der Vertrauensbildung nähern. Der Kontakt mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie war bewusst gewählt. Nicht selten brauchen Kinder und Jugendliche aus Jugendhilfeeinrichtungen neben der pädagogischen auch eine psychologische Betreuung, oft verhindern Vorurteile und die damit verbundene Scham den Kontakt zu einem Psychologen oder Psychiater. Durch das Töpferprojekt konnten die Teilnehmer einen kleinen Einblick in die Kinder und Jugendpsychiatrie bekommen und sich ihr eigenes Bild machen.
Beim Töpfern steht nicht das Zusehen sondern das Erleben im Vordergrund. Jeder der Teilnehmer töpferte ein oder zwei Werkstücke.
Von Tellern, Vasen, Schüsseln bis hin zu aufwendigen Dosen mit Deckeln waren den Ideen der Kinder und Jugendlichen keine Grenzen gesetzt. „Das ist eklig!" kommentiert Abozar (16) das kalte matschige Gefühl an den Händen beim Töpfern. Später möchte er fast gar nicht mehr aufhören. Für die Teilnehmer war es erstaunlich zu sehen, was selbst ungeübte Hände aus einem formlosen Stück Lehm herstellen können. Ausnahmslos waren es Gebrauchsgegenstände, die die Jungen und Mädchen gefertigt haben und nach dem Brand behalten durften.
Der Förderverein unterstützte dieses Projekt vor allem mit dem Ziel, Berührungsängste abzubauen, Individualität erleben zu dürfen, neue Erfahrungen zu machen, etwas Eigenes zu schaffen.
Die Freude der Teilnehmer beim Töpfern unterstreicht den Erfolg dieser Maßnahmen.
Der überwiegende Teil der unbegleiteten Flüchtlinge, die in Aachen und Umgebung stranden, hat einen langen Fluchtweg hinter sich. Aus Syrien über die Türkei, Griechenland, die Balkanstaaten, Ungarn, Österreich, oder aus den Afrikanischen Staaten wie dem Senegal oder Kongo über die Mittelmeerrouten über Spanien und Italien. Immer mit der Angst entdeckt oder zurückgeschickt zu werden, mit der Ungewissheit ihre zurückgelassenen oder vermissten Familien jemals wiederzusehen. Aber auch immer mit der Hoffnung auf ein Leben in Würde und Freiheit.
Diesen jungen Menschen, die in Häusern wie dem St. Josefs Haus in Eschweiler untergebracht sind und betreut werden, hat Kinderseele e.V. ein außergewöhnliches Ferienprojekt angeboten. An 4 Tagen in den Ferien wurde in der Ergotherapie der Kinder- und Jugendpsychiatrie getöpfert und kreativ gearbeitet. Die Teilnehmer ließen sich auf völlig fremde Techniken ein und lernten ihren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Vertrauen, das viele in ihrem Heimatland oder auf der Flucht verloren haben. Die Jugendlichen sprachen meist nur wenig Deutsch, wenn überhaupt. So gestaltete sich die Begegnung und Anleitung meist ohne Worte, sprichwörtlich „mit Händen und Füßen“, aber dafür umso fröhlicher. Für alle Beteiligten war das Projekt eine große Herausforderung und intensive Zeit der Zusammenarbeit. Am Ende mit tollen kreativen Ergebnissen. Für manche Teilnehmer war das Ferienprojekt auch eine Brücke in eine professionelle Behandlung ihrer traumatischen Erlebnisse für die der Zugang oder das Vertrauen bisher fehlte. Hierzu bietet die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Uniklinik Aachen eine spezielle Trauma Sprechstunde an.
Das WDR-Fernsehen berichtete in der Lokalzeit über die Aktion. Natürlich sorgten das Filmteam und die Dreharbeiten für zusätzliche Spannung.
Mit einer Karte in vielen Sprachen bedankten sich die Teilnehmer bei Kinderseele.